Westdeutsche Zeitung - 14.02.2005

"Fernsehen macht dick, dumm und traurig." In seinem Vortrag "Medienverwahrlosung als Ursache für Schulversagen und Jugendkriminalität" beim Moltke-Forum stellte Prof. Dr. Christian Pfeiffer, Direktor des kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, am Donnerslagabend Statistiken und Beispiele vor. Rund 250 Zuhörer, darunter viele Schüler, verfolgten Vortrag und anschließende Diskussion mit großem Interesse.

Jeder vierte Sechsjährige hat in seinem Zimmer einen eigenen Fernseher stehen", sagte Pfeiffer und legte anhand verschiedener Statistiken dar, dass gerade diese Kinder einen erhöhten Konsum verbotener Filme haben. Auch auf die Unterschiede im Fernsehverhalten zwischen Jungen und Mädchen kam er zu sprechen. "Die Gewaltbereitschaft der Jungen hat sich in den letzten drei bis vier Jahren so erhöht wie nie zuvor", berichtete der Kriminologe. Und auch die Leistungskraft der Jungen habe in den letzten zehn Jahren drastisch abgenommen. "Der Geschlechterunterschied war nie so groß wie jetzt", so Pfeiffer. "Vielleicht liegt das an der Geräteausstattung." Studien zufolge habe jeder zweite Junge eine Spielkonsole, während der Prozentsatz bei den Mädchen wesentlich geringer ausfalle.

Bei Fernsehen und PC verhalte sich dies ähnlich. Auch ändere sich bei Mädchen mit eigenem Fernseher das Sehverhalten kaum, während es sich bei Jungen steigere. "Eltern, die ihrem Kind also eine Spielkonsole ins Zimmer stellen, klauen ihm circa zwei Stunden pro Tag", kritisierte Pfeiffer. "Der Jugendschutz ist also nichts mehr wert. Die Eltern haben ihn umgangen, indem sie ihren Kindern einen eigenen Fernseher gegeben haben."

Bei der Arbeit mit Neurobiologen habe man festgestellt, dass Kinder durch ihren hohen und oft auch falschen Fernsehkonsum im Kurzzeitgedächtnis gespeichertes Schulwissen schnell vergessen. Es sei nicht verwunderlich, dass der Fernsehkonsum der Hauptschüler weit über dem der Gymnasiasten liege.

Am Beispiel einer amerikanischen Highschool erläuterte Pfeiffer die Vorteile der Ganztagsschule als Schule, die "nicht nur Trichter ist, der Wissen vermittelt". Eine junge Frau warf ein: "In Amerika kosten Schulen viel Geld. Wer bezahlt das denn?" Der Staat gebe, so Pfeiffer, zu viel Geld für den Bau von Gefängnissen aus und das, obwohl die Zahl der Straftaten abnehme. "Die Zukunft des Landes liegt nicht im Ausbau von Gefängnissen, sondern im Ausbau der Schulen."