Werden Algorithmen den Menschen ersetzen?

Rezension zum 91. Moltkeforum mit Herrn Prof. Dr. Marius Wehner (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf) zum Thema: Werden Algorithmen den Menschen ersetzen?

Topos: "Jedes Kochrezept ist (letztlich) ein Algorithmus."

20.11.2024: Als hätte es noch eines aktuellen Beweises für die Macht der KI bedurft, konnte man drei Tage nach dem MF einer kleinen Notiz in der FASZ, Nr. 45, aus S. 25 entnehmen, dass erstmals ein von einem Roboter mithilfe der KI "gemaltes" Bild versteigert worden sei: der Preis, unglaubliche 1,2 Millionen Euro. 

Gleich zu Beginn seines Vortrags verwies Wehner darauf, dass Maschinen noch nicht jede Tätigkeit eines Menschen ausüben könnten. Was heute im Vordergrund der Beschäftigung mit KI stehe, seien die sogenannten "neuronalen Netze". An die Arbeit mit Algorithmen hätten wir uns längst gewöhnt. In unserem Alltag lieferten sie uns gute Prädiktionen (= Voraussagen), z.B. in der Krebsforschung. Den positiven Seiten dieser Art von KI stünden die negativen gegenüber, etwa das bekannte <Fake-Obama-Video>.

Nach einem breit angelegten Parforceritt durch die Geschichte der KI gelangte Wehner zu deren vorläufigem Höhepunkt: der Erfindung von <ChatGPT> im Jahre 2022. Für das Jahr 2025 prognostizierte Wehner den sogenannten <KI-Zoo> mit unterschiedlichsten Anwendungen, z.B. bei der Bild-/Musikerzeugung, der Herstellung von Texten etc. Mit dem System des <Deep Learning> via neuronale Netze sei es gelungen, eine fast absolute Fehlervermeidung zu bewerkstelligen.

Danach kam Wehner auf den EU AI Act (1.8.2024), mit dessen Hilfe die EU die KI zu regulieren gedenke, nicht zuletzt auf den brisanten Feldern:  "Hochrisikobereiche", "digitales Lernen" und "digitale Rekrutierung".     

Um auf die Ausgangsfrage seines Vortrages zurückzukommen, sagte Wehner, angesichts des demographischen Wandels bräuchten die Unternehmen dringend "Arbeitskräfte", wobei gerade bei den gut verdienenden Jobs die KI (= ChatGPTs) einen großen "Impact" haben werde! Anhand zweier ganz neuer Untersuchungen zum Einfluss der KI auf unser (Arbeits-)Leben zeigten sich folgende Wegmarken: Was Führungskräfte anbelange, sei der Mensch gegenwärtig noch in der "Leadership-Funktion", neu aber werde die/eine "Kollaboration zwischen Mensch und KI" sein, so dass ChatGPT quasi als „Co-Leader" fungieren werde. In der (nahen) Zukunft jedoch könne menschliche Führung komplett ersetzt werden (!). Avatare würden empathischer als Menschen wahrgenommen, was bereits zu einem tragischen Fall geführt habe, als ein junger Mensch eine App gefragt habe, ob sie ihm zum Selbstmord rate, was dieser bejaht habe - mit fatalen Folgen. Als Schlussplädoyer gelangte Wehner zu der These, KI solle möglichst ein Werkzeug bleiben.

In der anschließenden Diskussion bestätigte Wehner, dass das Menschliche in einer KI-Welt ein Stück weit verloren gehe. Auch plädierte er für den handwerklichen Beruf, weil der in absehbarer Zeit nicht obsolet werden würde. Es sei nicht auszuschließen, das "Robotics" in naher Zukunft viele Jobs übernähmen. Wehner sprach sich deutlich, gerade auch im Hinblick auf die jungen Menschen, dafür aus, zu überprüfen, wieviel von dieser KI wir in unsere Familien hereinließen, um sozialen Problemen wie Vereinsamung, verzerrten Selbstbildern, Selbstzweifeln und anderen um sich greifenden Problemen zu begegnen.         

Sehr lebhafter Beifall für einen glänzend dargebotenen und inhaltsreichen Vortrag inkl. PPP, der gleichwohl nachdenklich stimmte. Vorgetragen von einem durch und durch äußerst empathischen und freundlichen Referenten. 

Eine Langversion der Rezension kann unter Dateien abgerufen werden. 

(Wolfgang van Randenborgh, gekürzte Fassung)

Gast bei 91. Moltkeforum: Herr Prof. Dr. Marius Wehner (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf) zum Thema: Werden Algorithmen den Menschen ersetzen?