Porträt: Wolfgang van Randenborgh geht im Juli in Pension
Christina Schulte - Westdeutsche Zeitung - 21.03.2014

Krefeld.

Er trägt immer Anzug, immer Krawatte und oft eine Weste: Der Lehrer Wolfgang van Randenborgh ist einer vom alten Schlag. „Die Kinder brauchen Orientierung“, sagt er. „Ich kann doch nicht im selben T-Shirt in die Schule kommen wie einer aus der neunten Klasse.“

Orientierung gibt er seinen Schülern am Moltke-Gymnasium in den Fächern Deutsch und Geschichte nur noch ein paar Monate, bis zum Ende des Schuljahres. 44 Jahre ist er tagtäglich morgens die Treppe hinaufgeschritten. Die ersten sieben als Schüler, 1971 machte er sein Abitur. Dann studierte er in Düsseldorf, kehrte 1978 als Referendar zurück und wurde nach zwei Jahren übernommen. „Wir waren der letzte Jahrgang, der gleich verbeamtet wurde“, sagt van Randenborgh. „Wir haben Glück gehabt.“ 

„Die jungen Menschen sind heute sperriger, aus Angst, sich vorschnell zu öffnen.“ (Wolfgang van Randenborgh, Lehrer)

Der 4. Juli wird sein letzter Tag sein, offiziell. „Ich habe ja nicht mit der Schule gebrochen“, sagt er. Spätestens zum 100. Jubiläum des Biebricher-Baus im kommenden Jahr will er wieder einmal vorbeischauen.

Wie er nun im Rückblick seine Jahre im Kollegium beurteilt? Er will nicht populistisch sein und fasst seinen Eindruck wie folgt zusammen: „Ich finde es bewundernswert, mit welcher Geduld die Kollegen und die Kinder die ständige Neuerungssucht der Behörden tragen.“ Denn, das weiß er aus Erfahrung: „Die werden doch am wenigsten gefragt – es heißt immer: ,Mach’ mal und setz’ das mal um!’“.

In der Beurteilung von Lehrern in der Gesellschaft stellt van Randenborgh einen Stimmungswechsel zum Besseren fest: In den vergangenen sechs bis sieben Jahren würden nicht mehr alle Kollegen an den wenigen schwarzen Schafen gemessen.

  • Geschichte Vor 19 Jahren wurde das Moltke-Forum aus der Taufe gehoben. Der Deutsch- und Geschichtslehrer Wolfgang van Randenborgh hatte die Idee dazu: „Wir wollten die Schule nach außen öffnen“, erinnert er sich.
  • Zukunft Nach 75 Ausgaben steht die Veranstaltung mit bekannten Referenten vor dem Aus. Mit Ende des Schuljahres geht van Randenborgh in den Ruhestand, und es hat sich im Kollegium bislang niemand gefunden, der in seine Fußstapfen treten möchte.

Andere Veränderungen hat van Randenborgh immer als Herausforderung angenommen: „Man kann in meiner Generation nicht mehr die Umgangsformen aus meiner Jugend voraussetzen.“ Also grüßt er die Schüler und wird dann auch zurückgegrüßt. Er hat die Erfahrung gemacht, dass „die jungen Menschen sperriger sind, aus Angst, sich vorschnell zu öffnen.“

Neben seiner engagierten Tätigkeit als Lehrer – van Randenborgh fährt mit all seinen Deutschkursen ins Theater, gerne auch nach Düsseldorf – hat er in den vergangenen 19 Jahren eine Institution im Krefelder Kulturleben geschaffen und geleitet. Auf seine Idee geht das Moltke-Forum zurück, mit bislang 75 hochkarätigen Rednern aus Wissenschaft und Wirtschaft, Politik und Publizistik, Literatur und Geschichte.

Die Gästeliste liest sich wie ein „Who is who“ deutscher Köpfe: Richard von Weizsäcker, Bodo Hauser, Elke Schmitter, Franziska Augstein, Frank Schirrmacher, Jan Philipp Reemtsma, Bernhard Schlink, Wolfgang Huber, Michael Friedman, Paul Kirchhof und viele andere. Wie er diese Menschen gewinnen konnte? „Ich habe auch viel Glück gehabt“, sagt van Randenborgh, den seine Frau immer begleitet hat. Für seine langjährige Kleinarbeit verlangt er kein Fleißkärtchen.