Am Dienstag, dem 25. November 2oo3, referierte Frau Prof. Dr. Tönnies im Rahmen des ‚Moltke-Forums' das Thema "Ist das Völkerrecht noch zu retten?". Dieses Thema schien zunächst eine trockene Materie zu sein. Frau Prof. Dr. Tönnies gelang es aber, durch eine sehr lebendige Darstellung der Entwicklung des Völkerrechts die Gäste zu interessieren.

Bereits im Mittelalter waren Kriege an moralische Regeln gebunden, begann Frau Prof. Tönnies ihren Vortrag. Die Kreuzzüge wurden als "bellum iustum" (gerechter Krieg) empfunden, da sie durch den Papst legitimiert erschienen. Als Folge der Reformation und der damit verbundenen Infragestellung des Papstes als einzige moralische Instanz musste es zwangsläufig zu einer Entwicklung kommen, die die lange Zeitdauer des 30jährigen Krieges erklärt. Der Westfälische Friede von 1648 hat nach Meinung von Frau Prof. Tönnies grundlegende, zukunftsweisende Bedeutung für das Völkerrecht. In diesem Friedensvertrag wurde der "bellum iustum" geächtet. Zudem wurde nur den Nationen zugestanden, Krieg zu führen. Damit verringerte sich die Bedeutung des Papstes und anderer Kirchenführer.

Der 1. Weltkrieg und seine dramatischen Folgen führten die Vertreter aller Nationen zur Gründung des Völkerbundes. Dieser ächtete alle Angriffskriege ohne Ausnahme und legte den Grundstein für ein modernes Völkerrecht.. Der Völkerbund schränkte damit die Souveränität der Staaten ein. In der Charta der UN wird sogar das Androhen von Gewalt verboten. Um einer offensichtlichen Kriegsgefahr zu begegnen, dürfen Staaten nur mit dem Mandat der UNO Kriegshandlungen beginnen. Damit verschob sich die Aufgabe eines Militäreinsatzes von der Kriegshandlung zu der eines Polizeieinsatzes nach bestimmten Regeln..

Den Einmarsch der Amerikaner in den Irak hält Frau Prof. Tönnies für sehr gefährlich. Er unterhöhle das Völkerrecht und mache die UNO zu einem hilflosen Zuschauer. In der Diskussion antwortete sie auf eine Frage nach der Zukunft des Völkerrechts, sie könne sich vorstellen, dass die USA die Rolle der UNO übernehme. Die stabile Demokratie sowie die Möglichkeit eine ‚Weltpolizei' zu stellen sprächen für diese Idee.