Wer gedacht hatte, dass sich dem zahlreich erschienenen Publikum ein Verleger und Geschäftsführer a.D. des wohl bedeutendsten Buchverlages in privater Hand, des Hanser-Verlages, zeigen würde, dem die zahlreichen hochkarätigen Ehrungen der letzten Wochen - so die Ehrenbürger-Verleihung der Stadt München oder der spezifische Empfang im Schloss Bellevue durch den Bundespräsidenten am 17.1.2014 anlässlich seines 70. Geburtstags – womöglich zu Kopf gestiegen sein könnten, sah sich vollends getäuscht.
Michael Krüger erwies sich als launiger, charmanter, glänzend seine Gedichte vortragender, nie sein Gegenüber aus den Augen verlierender und mit diesem auch auf Augenhöhe kommunizierender, äußerst feinsinniger und nachdenklicher Mensch, der sein Publikum unisono in seinen Bann zog. Seine verschiedenen vorgetragenen Gedichte untermalte er stets mit teils amüsanten, teils aber auch sehr differenzierten und messerscharfen Beobachtungen bzw. Betrachtungen seines Lebens - hier insonderheit seiner Jugend - wie der es begleitenden Gesellschaft. Dabei wurde der prägende Eindruck seines Großvaters deutlich, auf dessen Hof der kleine Krüger in mehr als bescheidenen Verhältnissen die ersten sechs Jahre seines Lebens aufwuchs, aber genauso auch die emotionalen und anrührenden Grundlagen durch das dörfliche Ambiente und die unendlich anregende Natur.
Immer wieder verwies der Schriftsteller auf die Probleme unseres heutigen beschleunigten Lebens und forderte zum Innehalten auf. Ihm sei es stets um die Erfahrung der Kontingenz gegangen. Zwar wolle er die neuen Medien nicht verteufeln, er warne aber davor, das Verschriftlichte mehr und mehr zu vernachlässigen, dem Buch gehe so eine positive Haltung zu ihm selbst „flöten“.
Für die Schularbeit regte Michael Krüger an, eine Stunde und eine Stunde einzuführen, denn das Erzählen sei eine für das menschliche Miteinander geradezu grundlegende Komponente. Da er die heutige Kommunikation weitgehend entsinnlicht finde, führte er sein zu dem vor seinem Arbeitszimmer stehenden Ahornbaum an, der ihm als eine Art Gesprächspartner diene, nicht zuletzt auch, weil er als Metapher für das stetige Leben fungiere.
In der Diskussion gab der Literat seiner Sorge Ausdruck, dass wir dem „Hegemon“ der zum Selbstzweck gewordenen digitalen Kommunikation nicht genügend Einhalt geböten, was aber zwingend nötig sei. Wer ständig auf sein Handy schaue, registriere nicht mehr, was in seiner Umwelt geschehe. In der psychischen Reifung eines jeden Menschen gebe es immer einen weißen Fleck und der wolle mit Schrift gefüllt werden.
Krüger selbst erschien dem Publikum als die Inkarnation d e s Erzählers und nicht etwa des Dampfplauderers. Seine literarische Vorlesung geriet zum Ohrenschmaus. Wenn er auch manchmal – unterstellt: für die jungen Leute - wie aus einer anderen Welt erschien, so hinterließ er doch eine nachhaltige Wirkung als literarischer Leuchtturm in einer durch und durch vernetzten Welt, was nicht zuletzt der warmherzige und langanhaltende Beifall aller am Ende bekundete.
Wolfgang van Randenborgh
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