Zu Besuch beim 67. MOLTKE-FORUM am Donnerstag, dem 4.10.2012, war der Büchnerpreisträger des Jahres 2007, der Frankfurter Schriftsteller Martin Mosebach. Sein Thema lautete: "Als das Reisen noch geholfen hat..." Dabei las er aus seinem gleichnamigen neuesten Buch die beiden Reisebeschreibungen `Eine Kreuzfahrt an Bord der „Mistral“` und `Ein Winter in Shio Mghvime`, und kontrastiver hätten die Welten, die der Romancier hier vor dem geistigen Auge seiner Zuhörer entfaltete, nicht sein können. Während Erstere die so genannte “neue Welt“ offenbarte, die einer künstlichen Welt gleicht, in der die untergegangene Kultur Europas auf aberwitzige Art und Weise parodiert werden soll, weist die einsame Welt des georgischen Klosters Shio Mghvime auf das Individuelle der detailliert beschriebenen Mönche, denen eine “ernste Lebensführung“ zu eigen ist und in der das Eigentliche „das Warten“ sei, so der ehemalige Jurist. In beeindruckender Form gelingt es Mosebach, seine größtenteils autobiographisch fundierten Beschreibungen so plastisch vor dem Leser erscheinen zu lassen, dass dieser glaubt, in der beschriebenen Szenerie selbst zu sein, ja zu leben. Hinzu kommt eine große Vorlese-Begabung, die das Dargestellte sinnlich untermalen hilft. So endete, nach vielen Fragen zum Schriftsteller-Leben als solchem, ein erratischer Abend im alltäglichen Einerlei der Hektik und Quasi-Besinnungslosigkeit. Mehr als 160 Zuschauer, darunter große Teile der Oberstufe, spendeten lang anhaltenden Beifall für dieses ungewöhnliche  Moltke-Forum-Erlebnis.

Wolfgang van Randenborgh