Nadia Joppen - Rheinische Post - 18.11.2004

[Moltke-Religionslehrerin] Maria Otto hat sich ihr Leben lang um andere Menschen gesorgt. So viel Einsatz muss belohnt werden. Deshalb bekommt die 67-jährige heute das Bundesverdienstkreuz verliehen

Sie hat kein leichtes Leben gehabt, aber sie hat zeitlebens versucht, anderen Menschen zu helfen: Heute bekommt die Krefelderin Maria Otto (67) das Bundesverdienstkreuz. Sie wird wegen ihrer vielfältigen Verdienste um Menschen in Krefeld und weltweit ausgezeichnet. Ebenso aber auch wegen ihrer politischen Arbeit in Krefeld, einer Stadt, von der sie zuerst dachte: "Oh Gott, hier bleibst du nicht!" - wie sie heute lächelnd erzählt.

 

Im "Ausgedinge" gelebt

Die Jugend der 1937 geborenen Frau war geprägt vom Krieg: Die Eltern bewirtschafteten einen Hof in Mähren, "wir waren eine Großfamilie", erzählt Maria Otto: Großeltern, Verwandte, Mägde und Knechte. 1942 kam der erste Schlag: Der Vater fiel in St. Petersburg, die Mutter führte den Hof weiter. 1945 entschloss sie sich, mit ihren Töchtern "im Treck" nach Deutschland zu ziehen, aber "wir kamen nur bis zur Grenze und mussten zurück." Während des Trecks habe sie viel Elend gesehen, Vergewaltigung und Kinder, die Eltern verloren hatten. Die Familie kehrte zurück auf den Hof, wo die Großeltern geblieben waren. Ein Tscheche hatte den Hof übernommen, die deutsche Familie lebte im "Ausgedinge" (Altenteil) und arbeitete für die neuen Besitzer.

1946 kam die Vertreibung, aber "wir wurden in den Westen ausgesiedelt", ist Maria Otto froh. Im Odenwald "fingen wir wieder an": Das junge Mädchen ging zur Schule, machte eine Lehre in Frankfurt und ging ein Jahr nach England. Nach der Rückkehr traf sie ihren späteren Mann, einen Krefelder, und zog mit ihm in die damals noch zerstörte Stadt. Drei Töchter kamen zur Welt, aber die Ehe war nicht glücklich. Maria Otto holte ihr Abitur nach, studierte Religionspädagogik und wurde Lehrerin. Nach 26 Jahren wurde die Ehe geschieden.

In jeder Phase ihres Lebens war Maria Otto für andere Menschen aktiv: Sie unterstützte früh das Aussätzigen-Hilfswerk, organisierte einen deutsch-vietnamesischen Freundeskreis, als die Flüchtlinge von der Cap Anamur nach Krefeld kamen, sammelte Geld für Misereor oder Straßenkinder und arbeitet heute noch ehrenamtlich in der Kirche und betreut zwei Familien in Litauen. Außerdem war sie seil 1972 mit einer zweijährigen Pause in der CDU und als deren Mitglied in verschiedenen Krefelder Gremien tätig. Ihre Hilfsbereitschaft führt sie auf das Vorbild der Mutter zurück: "Bei uns ging nie jemand ohne etwas weg." In all den Jahren hat sie ihren Mut nie verloren, auch wegen ihrer katholischen Überzeugung, aber "ich bin offen für andere Religionen, denn Religion kann einen wichtigen Beitrag für den Frieden leisten."

Das Bundesverdienstkreuz wird heute Oberbürgermeister Gregor Kathstede überreichen - ihn kennt Maria Otto bereits seit seinen politischen Anfängen in Krefeld.