Ein Nachruf

Wann immer man auf den Gängen des Gymnasium am Moltkeplatz ein fröhliches Pfeifen einer – meist klassischen – Melodie vernahm, konnte er nicht weit sein: Georg Mendzigal, Lehrer für Bio und Chemie. Generationen von Schülern, so auch mir, unvergessen durch seine unnachahmliche, markante Stimme und Ausdrucksweise sowie seine genialen Formulierungen, Redewendungen und Possen aller Art. Praktisch immer gut gelaunt war Georg stets in seiner gesamten Person, mit allen seinen Vorlieben und Hobbies präsent und wusste von ihnen zu berichten. Und derer hatte er viele. Er liebte nicht nur die Flora und Fauna des linken Niederrheins, von wo er regelmäßig verschiedenstes Getier und Gesträuch als Anschauungsmaterial in die Schule brachte, er liebte auch und vor allem die Musik. Nicht nur seine eigenen, wie er immer betonte, bescheidenen, Versuche, die Violine zu beherrschen, beschäftigten ihn. Sämtliche klassischen Konzerte im Umkreis auch und gerade junger, noch unbekannter Interpreten, wurden von ihm besucht und anschließend kritisch auf ihren musikalischen Gehalt geprüft . In seinen häuslichen Wänden genoss er die Welt der klassischen Musik über seine auserlesen hochwertige Musikanlage, deren Elektrostatische Lautsprecher allein bereits die Ausmaße von Tischtennisplatten und den Gegenwert eines Kleinwagens hatten.

Und ja, er wusste stets, wovon er sprach. Man konnte Georg Mendzigal wahrhaft als einen Universalgelehrten alter Schule bezeichnen. Sein Wissensfundus im Bereich Kunst, Literatur, Naturwissenschaft, Geografie, Politik, Medizin und Zeitgeschehen war schlicht beeindruckend. Kein Feuilleton einer namhaften Wochenzeitschrift, das nicht von ihm bis ins Detail studiert und mit Randbemerkungen versehen war. Und hierbei war eine Wissenschaft ganz besonders in seinem Interesse: die Philosophie. In seiner Heimat Prag bis kurz vor der Promotion studiert und durch beständiges Selbststudium ausgebaut. Mir als Philosophielehrer an seiner Seite im Lehrerzimmer trieb es regelmäßig die Schamesröte ins Gesicht, worüber der Kollege aus den Naturwissenschaften so alles Bescheid wusste.

Nach dem Motto „mens sana in corpore sano” widmete Georg sich ebenso akribisch der körperlichen Ertüchtigung. Mit seinem ebenfalls technisch erlesenen Rennrad absolvierte der Tausende Kilometer Ausdauertraining, um dann anschließend noch in der „Muckibude“ den Bizeps zu trainieren. So konnte er noch bis zu seiner Pensionierung ganz locker einem jeden Zweifler einen Satz Klimmzüge präsentieren, die ebenfalls so manchen jüngeren Zeitgenossen erblassen ließen.

In Bezug auf seinen Lehrberuf vertrat Georg Mendzigal die Auffassung, dass ein guter Lehrer immer auch ein guter Geschichtenerzähler sein müsse. Das habe ich in den Anfangsjahren meiner Tätigkeit am „Moltke“ nicht wirklich verstanden. Heute ist das anders. Ich weiß, was er meinte und ich denke er hatte Recht. Typen wie er sind das „Salz in der Suppe“ in einer wirklich authentischen und begeisternden „Lehranstalt“. Menschen wie Georg können zu einem Vorbild, einem Ansporn, für junge Lernende werden, auch wenn er seinen Unterricht nicht digital präsentierte und manchmal seine Schuhe auszog und auf Socken agierte.

Mich hat er jedenfalls überzeugt und er bleibt mir im Gedächtnis.

So wie Generationen von  Moltkeschülern auch.

 

Oliver Meuers (für die Schulgemeinschaft)