Sabrina Geratz - Westdeutsche Zeitung

Die Scheutensche Bibliothek im Moltke-Gymnasium beherbergt über 600 Jahre alte Werke. Manche sind unversehrt.

Ein Regal reiht sich an das nächste. Es ist gerade noch Platz, um sich zwischen den Reihen bewegen zu können. Ein lederner Buchrücken mit Goldprägung nach dem anderen. Bis oben hin sind die Regale gefüllt. Hier ist das Reich von Manfred Wüst.

Der gelernte Bankkaufmann sortiert und archiviert den Bestand der Bücherei im Turm des Gymnasiums am Moltkeplatz. Seit zwei Jahren beschäftigt er sich mit der Bibliothek, kommt zweimal die Woche, so wie es seine Zeit zulässt.

In der Bibliothek findet man Bücher zu vielen Themen: vom Jahr 1400 bis zu zeitgenössischer Literatur. Bücher über Pädagogik, Philosophie, Naturwissenschaften, französische Literatur, Biografien, Kriegswissenschaften. Ein Schwerpunkt ist mit rund 1800 Bänden die Geschichte.

Zwischen 180 und 280 Bücher schafft er im Monat. „Das hängt stark davon ab, wie gut die Bücher zu identifizieren sind“, erklärt er.

 

12.000 Bücher umfasst die Bibliothek bis zu den Weltkriegen

Der genaue Bestand der Bücherei lässt sich nur schwer schätzen. Den Grundstock bilden 300 Werke aus der Privatbibliothek des Stifters Adam Wilhelm Scheuten, 655 Bände aus der Kopstadtschen Stiftung und die Bibliothek des „Historischen Lesevereins“.

Ursprünglich sollen es einmal 12.000 Bände gewesen sein. „Durch die beiden Weltkriege wurde der Bestand leider auseinander gerissen“, erzählt Wüst. Heutzutage befinden sich Werke aus der Ursprungsbücherei im Kaiser-Wilhelm-Museum, in der Burg Linn und in der Stadtbücherei. Vor kurzem hat der 46-jährige einen Altbestand in der Mediothek an der Ennsstraße gefunden.

Ein Findbuch aus dem Jahre 1900 gibt Aufschluss über den tatsächlichen Bestand der Scheuten’schen Bibliothek. Insgesamt umfasst es 6004 Positionen. „Es sind aber weitaus mehr Bücher“, weiß Manfred Wüst.

Das älteste Exemplar ist ein theologischer Text in spät-mittelalterlichem Latein, von einem Mönch aus dem süddeutschen Raum verfasst.  Wahrscheinlich aus dem 14. Jahrhundert“, spekuliert Rolf Neumann, Direktor des Moltke-Gymnasiums. Der Restaurationsbedarf ist allerdings groß, die Bücher drohen zu verfallen.

Dass die Zeit ihre Spuren hinterlassen hat, zeigt auch das Wörterbuch „Der Calepini“ von Ambrosi Calepini von 1580. Der Ledereinband löst sich, hier und dort gibt es Wurmlöcher. Es krümelt leicht, wenn man es anfasst. Manche Werke seien hingegen nahezu unversehrt, sagt Wüst.

Fast 3000 Bücher hat er schon archiviert. Sie befinden sich in einem Nebenraum in Buchenholzschränken. Die sollen die Kostbarkeiten vor äußeren Einflüssen schützen. In Begleitung von zwei Lehrern dürfen Schüler in der Bibliothek für Referate recherchieren.

Das ist allerdings nur begrenzt möglich. Ziel ist es, die Bücherei den Schülern wieder in Gänze zugänglich zu machen. Bücher seien schließlich dazu da, dass man sie liest, findet Direktor Neumann. Auf einem Holztisch stehen die Bücher aufgereiht, wo noch einzelne Bände fehlen. Den vierten Band des „Kosmos“ von Alexander von Humboldt hofft er noch zu finden. Es sei schließlich keines der Bücher zu ersetzten.

Themen:

In der Bibliothek findet man Bücher zu vielen Themen: vom Jahr 1400 bis zu zeitgenössischer Literatur. Bücher über Pädagogik, Philosophie, Naturwissenschaften, französische Literatur, Biografien, Kriegswissenschaften. Ein Schwerpunkt ist mit rund 1800 Bänden die Geschichte.

Bedeutung:

Die Scheuten’sche Bibliothek ist Nachweis des Bildungsbürgertums. Um 1840 etablierte sich der „Historische Leseverein“. Erstmalig in der Geschichte wollte das Bürgertum sich Literaturwissen aneignen. An den Werken lässt sich das Leseverhalten nachvollziehen. Die Bücherei des Moltke Gymnasiums ist einmalig in Nordrhein-Westfalen.

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