Die auf mehrere Orte verteilte Bibliothek des Moltke-Gymnasiums sollte schon einmal für Millionen verkauft werden.
Der Landschaftsverband Rheinland will mehrere hundert Bücher aus dem antiquarischen Bestand des Gymnasiums am Moltkeplatz durch sein Archivamt prüfen und eventuell auch restaurieren lassen. Das ist das Ergebnis eines Gesprächs zwischen Landesrat Gert Schönfeld, Winfried Schittges, Vorsitzender der Landschaftsversammlung, Schulleiter Haberstroh sowie Vertretern der Lehrerschaft und des Fördervereins der Schule. Schulleitung und Schittges betonten, dass die wertvolle Bibliothek auf "jeden Fall dem Standort Moltke-Gymnasium zugeordnet bleiben" müsse, weil sie ihrem historischen Ursprung auch nur dort gerecht werde.
Hinter diesen vergleichsweise dürren Sätzen verbirgt sich das Schicksal einer Bibliothek, die einst zu den bedeutendsten ihrer Art in Deutschland gehörte und vor etwa 20 Jahren für Schlagzeilen in den Krefelder Zeitungen gesorgt hatte. Damals hatte nämlich das Kulturdezernat versucht, diese Bibliothek zwecks Sanierung des Kulturetats an einen Frankfurter Antiquar zu verkaufen. Der Wert dieser Bücher war damals auf einige Millionen Mark geschätzt worden. Der Verkauf wurde damals aufgrund der Zeitungsberichte und durch Proteste von Kulturvereinen wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen.
Diese abenteuerliche Geschichte, der man u.a. auf die Spur kam, weil die frühere Linner Museumschefin Renate Pirling rein zufällig einen Antiquar in ihrem Haus antraf, der sich auf Einladung der Kulturverwaltung in der dortigen Bibliothek umschaute, beginnt eigentlich noch einige Zeit früher. Damals hatte man (aus Sicherheitsgründen) den wertvollsten Bestand aus dem Moltke-Gymnasium in einen Keller der Stadtbücherei verlagert, wo er auch nicht so sicher war, denn dort schnitt ein (bald ertappter) Dieb Grafikblätter aus den Büchern und versuchte, diese in Antiquariatskreisen loszuschlagen. Die Reaktion der Stadtverwaltung folgte prompt: Man verteilte die Schätze auf das Museum Burg Linn und das Kaiser-Wilhelm-Museum, das vor allem solche Raritäten wie Schedelsche Weltchroniken, Bleau-Atlanten, Illustrierte Weltgeschichten aus dem 16. und 17. Jahrhundert lange Zeit in einem Wandschrank aufbewahrte. Sabine Röder von den Kunstmuseen hatte diese Raritäten später ausgestellt.
Woher kamen solche internationalen Kostbarkeiten? In Krefeld ist es immer die gleiche Quelle. Als Schulstifter A.W. Scheuten 1819 starb, vermachte er seine damals schon hochwertige Privatbibliothek der Schule. Im Lauf der Zeit brachten weitere Stifter dort ihre Büchersammlungen ein, so etwa der erste Leiter der Schule. Auf irgendeine Weise ging gerade dieser Teil der Bibliothek verloren, wurde aber in den späten 30er Jahren von Albert Steeger für die Bibliothek des Museums Burg Linn aus dem Antiquariatshandel wieder angekauft.
Die Bedeutung dieser einstigen Schulbibliothek muss nicht lange geprüft werden. Sie ist es augenscheinlich und sicherlich über das Regionale hinaus. Nur muss man eben an drei Orten (zum Glück in Krefeld) nachschauen.
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