Krefeld. Ganz unprätentiös stellte der Journalist sich den Schülern des Gymnasiums am Moltkeplatz vor: „Giovanni", das genügte. Dann wurde das Foto aufgenommen und der Chefredakteur der „Zeit" ging in die Aula.
Beim diesmal sehr gut besuchten 69. Moltkeforum ging es um Werte. „Wofür stehst Du?" heißt denn auch das Buch von Giovanni di Lorenzo. Er hat es zusammen mit seinem Freund und Kollegen Axel Hacke geschrieben.
Und aus diesem Buch (erschienen 2010) las der Autor zu Themen, die ihm für das jugendliche Publikum geeignet schienen, wie seiner Kindheit in Rimini, Geschichten des Großvaters und seiner ersten Schuljahre in Italien, seiner Zeit am Gymnasium in Hannover.
Seiner „Heimat in der Fremde" – die Eltern hatten sich getrennt, die Mutter ging mit beiden Söhnen nach Hannover zurück. „Ich war immer auf der Such nach Heimat", sagt di Lorenzo, „und ich fand nichts." Die Lesung di Lorenzos wird mit Lachen und Beifall quittiert
Das war in den ersten Jahren für den Jugendlichen eine schwierige Zeit. Doch dann „habe ich endlich eine Heimat gefunden – die Sprache", sagt er. „Davor, und das ist leicht gesagt, aber schwer empfunden, habe ich eine Ohnmacht verspürt, die aus der Entwurzelung herrührte."
Seine Geschichten hat er geschickt ausgewählt, sodass die Anekdoten gut ankommen, mit einem Lachen oder Beifall quittiert werden. Etwa die Hälfte der Zuhörer kann sich nämlich aus eigenem Erleben an die Strenge der späten Nachkriegsjahre und die politischen Aktionen der 70er Jahre erinnern. Rat an die Jugendlichen, sich nicht hetzen zu lassen
Nach der ausführlichen Lesung hatten die Zuhörer Gelegenheit, Fragen zu stellen. Leider waren für viele wegen des großen Auditoriums nur die Antworten verständlich. Darin ging es dann um die Werte, die di Lorenzo für sich und sein Leben ausgemacht hat.
Manche Fragen zielten auch auf Politik. Odenwaldschule, Guttenberg oder Steinbrück wurden nachgefragt. Zum Thema Steinbrück und Clowns etwa sagte er, dass er die starke Reaktion der Presse auf Steinbrück nicht möge, dass jener allerdings mit seiner Bezeichnung „Clown" für Berlusconi einen inhaltlichen Fehler gemacht habe. „Berlusconi ist ein gefährlicher Politiker; und diese Entpolitisierung verdiente es, analysiert zu werden."
Den jungen Zuhörern gab di Lorenzo so manchen Rat mit auf den Lebensweg: „Die Zeit der absoluten Gewissheiten ist vorbei", findet er. Und man solle weg von der Angst, aus der Norm zu fallen. Zu der Beschleunigung im Leben der Jugendlichen sagte er: „Lasst euch nicht hetzen!" Die Jugendlichen sollten sich Zeit nehmen, herauszufinden, welcher Beruf viele Jahre Freude und Befriedigung verschaffen könnte.
Vita
Giovanni di Lorenzo (*1959) studierte Kommunikationswissenschaft, Neuere Geschichte und Politikwissenschaft. Es folgten Moderationen im Bayerischen Fernsehen und bei Radio Bremen. Anschließend arbeitete er als Reporter und Ressortleiter bei der „Süddeutschen Zeitung" und als Chefredakteur beim „Tagesspiegel". Seit 2004 ist er Chefredakteur bei der „Zeit".