Carsten Icks - Westdeutsche Zeitung - 20.12.2002

Siempelkamp und das Moltke sind Partner Nr. 8 in der Stadt Krefeld, Nr. 25 im Verbandsgebiet der Unternehmerschaft Niederrhein: Die Zahl der Kooperationen zwischen Schulen und Firmen wächst.

,,Du lernst fürs Leben, nicht für die Schule" - ein Satz, den wohl beinahe jeder Schüler während seiner Schullaufbahn mindestens einmal zu hören bekommt. Doch angesichts der betont wissenschaftlich gehaltenen Lehre an vielen Gymnasien und Gesamtschulen stellt sich nicht nur der Moltke-Schüler Christoph Schregel die Frage: ,,Was haben die Unterrichtsinhalte mit dem späteren Arbeitsleben zu tun?" Auch die Wirtschaft kritisiert regelmäßig den mangelnden Praxisbezug des Bildungswesens. Auf Initiative ihres Geschäftsführers Hartmut Schmitz rief die Unternehmerschaft Niederrhein daher vor zwei Jahren das ,,Kooperationsnetz Schule/Wirtschaft" ins Leben. Das in Zusammenarbeit mit dem ,,Institut Unternehmen und Schulen GmbH" durchgeführte Projekt hat alle Erwartungen übertroffen und setzt bundesweit Maßstäbe. Gestern unterzeichneten der Krefelder Anlagen- und Maschinenbauer Siempelkamp und das Gymnasium am Moltkeplatz bereits die 25. Kooperationsvereinbarung am Niederrhein. Dass das Niveau der Auszubildenden bei Siempelkamp in den letzten Jahren gesunken ist, ist für den Geschäftsführungs-Sprecher Dieter Siempelkamp kein Geheimnis. Doch anstatt über drohenden Innovationsstau zu klagen, entschloss sich das Krefelder Traditionsunternehmen, selber einen Beitrag zur Verbesserung zu leisten. Siempelkamp werde den Schülern Einblicke in die betrieblichen Strukturen und Abläufe bieten, um die ,,Kluft zwischen Schule und Arbeitswelt zu verringern" und hofft im Gegenzug auf Kontakte zu potentiellen Auszubildenden. Vorteile verspricht sich auch Moltke-Direktor Wolfgang Haberstroh von der Kooperation. Zwar sei das vorrangige Ziel des Gymnasiums nach wie vor, seine Schüler auf ein Studium vorzubereiten. ,,Aber die Zeiten haben sich geändert. Ein Drittel strebt nach dem Abitur zunächst eine Ausbildung an." Moltke-Lehrer Erich Potrykus erklärte, wie die verschiedenen Tätigkeitsbereiche von Siempelkamp als Praxisbeispiele in den Unterricht einfließen sollen: Konstruktions- und Verfahrenstechnik konnte in der Mathematik behandelt werden, die Holzverarbeitung sei für Biologen und Chemiker interessant, während sich der Sozialwissenschafts-Unterricht der Frage ,,Wie funktioniert ein Betrieb?" widmen könnte. Oberbürgermeister Dieter Pützhofen freute sich über die achte Kooperationsvereinbarung in Krefeld und begrüßte das Projekt ausdrücklich: "Ich glaube, dass wir es uns viel zu lange geleistet haben, weiten Teilen der Bürgerschaft Einblicke in die wirtschaftlichen Vorgänge vorzuenthalten." Bernd Wiese, Schulaufsicht der Bezirksregierung, sieht das genauso. Die Chance, reale Bezüge in den Unterricht zu bringen, könne nicht hoch genug bewertet werden. "Die Berührungsängste werden zunehmend geringer. Und das ist gut so."

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