Krefeld. Das Gymnasium am Moltkeplatz hat seine schulhistorisch wertvollen Unterlagen ans Stadtarchiv übergeben. Die Sammlung umfasst 2641 Verzeichnungseinheiten und ist in über 100 Kartons gelagert - eine Länge von 34 Metern.
BÄRBEL KLEINELSEN - RP ONLINE - 20.01.2018

"Sehr geehrter Herr Direktor. Hierdurch gestatte ich mir Ihnen mitzuteilen, daß ich mich zurzeit in Nassau aufhalte." Mit diesen Worten beginnt der rechts abgebildete Brief von Studienrat Dr. Puff, den er am 20. Februar 1926 an das "Realgymnasium Krefeld" schickte. Der Herr Studienrat ist in Nassau zur Kur und von seinem Dienst an der Krefelder Schule beurlaubt. Für ihn kommt, auch das ist bis heute dokumentiert, der "Junglehrer Hans Rink". Er ist nur die zweite Wahl, wie es einem Schreiben des "Provinzialschulkollegiums" vom 11. Januar 1926 zu entnehmen ist. Der gewünschte "Seminaroberlehrer Norbisrath" hatte "zu hohe Forderungen".

Es sind Schul-Schätzchen wie diese, die sich im Archiv des Gymnasiums am Moltkeplatz befinden. Noch, muss man sagen. Denn ab sofort können die schulhistorisch wertvollen Unterlagen im Stadtarchiv an der Girmesgath eingesehen werden. Schulleiter Udo Rademacher unterschrieb gestern mit Stadtarchivsleiter Olaf Richter eine entsprechende Vereinbarung. Auch wenn die Unterlagen den Ort wechseln, werden sie Eigentum der Schule bleiben.

"Unsere Schule ist nicht in der Lage, diese wertvollen Schriften so zu verwahren und zu verwalten, wie sie es verdienen. Es bestand die berechtigte Sorge, dass die Bestände verfallen könnten. Außerdem war es uns wichtig, diesen Schatz allen Interessierten zur Verfügung zu stellen", erklärt Udo Rademacher. Das Archivgut, das 2641 Verzeichnungseinheiten umfasst und in über 100 Kartons gelagert ist, was einer Länge von 34 Metern entspricht, wird nun in säurefreie Mappen und Kartons umgeschichtet. Neu hinzukommen sind außerdem zehn Meter Schulunterlagen der Jahre 1980 bis 87. "Die Unterlagen aus den vergangenen 30 Jahren behalten wir für eventuelle Nachfragen weiter in der Schule", sagte Rademacher.

2013 hatte das Stadtarchiv Unterlagen der ersten Krefelder Lateinschule, auf die das Moltke-Gymnasium zurückgeht, übernommen. Die Schriften, die die Jahre 1715 bis 1787 umfassen, passten noch in einen Karton. "Das war der erste Kontakt zur Schule", erinnerte sich Olaf Richter, der mit vielen Krefelder Schulen Gespräche geführt hat und schon einige Schularchive übernommen hat.

Das Archiv des Moltke-Gymnasiums umfasst eine Zeitspanne von circa 1800 bis 1987 und reicht damit weiter zurück als die Archive beispielsweise vom Arndt- oder Fichte-Gymnasium, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts beginnen. Die Bestände im Moltke-Archiv geben auch Zeugnis von den damals populären Unterrichtsinhalten, wie ein Schriftstück von 1820 zeigt. Damals, kurz nach der offiziellen Gründung der "höheren Stadtschule" am 1. Oktober 1819, zählten vier Lehrer und 36 Schüler zur Schulgemeinschaft am Moltkeplatz. Jene 36 Kinder hatten die Lehrer aufgefordert, Naturprodukte wie Blumen, Steine oder Früchte mit in den Unterricht zu bringen. Dort sollten die Schüler die Eigenschaften ihrer Fundstücke beschreiben. "Wir sehen daran, wie praxisbezogen der Unterricht damals war und wie er sich an der heimischen Umgebung orientierte", sagt Richter.

Im Archiv befinden sich nicht nur Zeugnisse, Klassenarbeiten, Klausuren, Klassenbücher, Briefe oder Mitteilungen, sondern auch Besonderheiten wie die Tagebücher früherer Direktoren. "Das war eine Form der Dokumentation, wie wir sie heute nicht mehr kennen. Es ist spannend, diese Bücher zu lesen. Da vergisst man gerne mal die Zeit", so die Erfahrung des Schulleiters.