Die Schulzeit mit einer 1,0 im Abitur abzuschließen, ist für viele Schulleiter eine herausragende Leistung. Sieben Pennäler haben die Traumnote in Krefeld erreicht.
Isabelle Schmitter ging gerne zur Schule. Langeweile kannte sie nicht. Zwar hat die 20-Jährige nie viel für Klausuren gepaukt, ihre Hausaufgaben allerdings erledigte sie artig, bevor sie sich ans Klavier setzte oder auf dem Tennisplatz trainierte. "Ich hatte viel Freizeit", sagt Isabelle Schmitter und. lächelt. Denn die Moltkegymnasiastin gehört zu den wenigen glücklichen Schülern, denen alles "einfach so zufliegt": Das Lernen fällt ihr leicht, von Prüfungsangst keine Spur. Und das spiegelt sich jetzt auf ihrem Zeugnis wider: 1,0 im Abitur.
Kein Einzelfall, und doch nicht alltäglich: Sieben Schüler, ergab eine Umfrage unter den Krefelder Gymnasien und Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe, haben dieses Jahr die Traumnote erreicht. "Eine Seltenheit", weiß Horst Obdenbusch, Schulleiter am Gymnasium Fabritianum, und spricht damit für seine Kollegen. "Solche Schüler sind Ausnahmeerscheinungen." Zwar biete das heutige Oberstufensystem durch Ausschlussverfahren von schwächeren Fächern die Möglichkeit, einen guten Abischnitt zu machen. Aber an die Spitze zu gelangen, so auch Rolf Nagels vom Gymnasium am Stadtpark, stelle doch besondere Anforderungen an die Schüler: "Fleiß alleine reicht nicht. Die Begabung muss da sein, und die Einstellung zur Schule muss stimmen."
Bei Isabelle Schmitter, die in Münster Medizin studieren möchte, kam - wie bei den anderen Einser-Kandidaten - alles zusammen: Spaß am Unterricht, ein gutes Gedächtnis, konstante Leistungen während der gesamten Qualifikation in der Oberstufe, Glück mit den Lehrern, die richtige Fächerwahl und starke Nerven bei den Prüfungen. Als "Überfliegerin" würde sich die Abiturientin dennoch nicht bezeichnen: "Es gehört auch Glück dazu." Für den Montessori-Gesamtschulleiter Peter Ortling, der dieses Jahr mit dem musisch begabten 1,0er Absolvent Benedikt Zeitner auf eine "ungewöhnliche Erscheinung" traf, ein Geschenk: "Diese Schüler besitzen eine außergewöhnliche Begabung."
Die bereitet manchem hochbegabten Pennäler jedoch Probleme. Laura Hinsch (18) etwa, Abiturientin am Gymnasium Fabritianum, fand erst durch einen zweiwöchigen Aufenthalt in einem Rostocker Internat, das sie im Rahmen der Deutschen Schülerakademie vom Bundesministerium Bildung und Forschung für außerordentlich Begabte besuchte, zu ihrem Selbstvertrauen: "Dort bin ich vielen spannenden Menschen begegnet, die sich für die selben Dinge interessieren wie ich. Mein Selbstwertgefühl ist dadurch enorm gewachsen." Schwierigkeiten wie diese kennt Markus Rullich (19) vom Fichte-Gymnasium nicht: Er war lange Zeit - aus Langeweile - der Klassenclown, der Störenfried: "Ich wollte ein gutes Abi machen, aber meine Freunde waren mir immer wichtiger." Jetzt möchte der musikalisch Begabte zügig Chemie studieren und dann einen gut bezahlten Job an der Universität oder in der Forschung bekommen - um sich später "vier Kinder leisten zu können".