Am Abend des 2. Juli 2001 informierte der Krefelder Oberbürgermeister Dieter Pützhofen Eltern und Schüler der Klassen 8b und 8c über die Situation nach Veröffentlichung eines Gutachtens zu Ursachen des Unfalls im Badezentrum am 18. August 2000. Diese Gutachten wurde am 21. Juni 2001 Herrn Pützhofen übergeben. Er habe sofort zwei Exemplare dem Schulpflegschaftsvorsitzenden, Herrn Jürgen Brockers, mit der Bitte um Weiterleitung an die Eltern übergeben.

Herr Pützhofen hob deutlich hervor, dass zwei Gutachten existieren.

Das erste Gutachten habe die Stadt Krefeld bei der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegeben. Dieses enthält strafrechtliche Aussagen hinsichtlich der Schuldfrage und darf nach ausdrücklicher Bekräftigung der Staatsanwaltschaft nicht veröffentlicht werden, weil es ein schwebendes Verfahren zwischen den beteiligten Firmen darstellt. Keine Firma solle mit Zitaten aus dem Gutachten bei Geschäftsverhandlungen argumentieren können. Die anwesenden Eltern können aber als im juristischen Sinne ‚Verletzte' Einsicht nehmen.

Aus eine Presseveröffentlichung der Staatsanwaltschaft ist laut Herrn Pützhofen aber Folgendes festgestellt worden: Vier Firmen haben mangelhaft gearbeitet:

  1. bei den Fassadenarbeiten
  2. bei der Anbringung der Folie zum Schutz der Fassade
  3. bei der Anbringung der Deckenkonstruktion
  4. durch die Arbeitsgemeinschaft der Ingenieure und Architekten, die mit der Bauaufsicht befasst waren.

 

In einem zweiten Gutachten versucht das Gericht Regressforderungen im Rahmen des Beweissicherungsverfahrens zu klären. Dieses Gutachten liegt seit dem 21. Juni 2oo1 vor. Nach diesem nimmt der Gutachter die Fassadenbaufirma in die Hauptverantwortung.

Auf die Frage wie es geschehen könne, dass die Decke als Ganzes herabfallen konnte, weist Herr Pützhofen auf einen scheinbaren Widerspruch hin. Der Gutachter sagt, die Decke sei nicht sachgerecht eingebaut worden, aber der Schaden sei geringer, weil sie nicht sachgerecht angebracht wurde. Hätten sich, wie im Bauplan gefordert, einzelne Segmente gelöst, wären diese mit größerer Wucht auf den Boden gefallen. Dies allerdings in einem Bereich um das kleine Becken, der nicht freigegeben war.

Weiterhin stellt Herr Pützhofen fest, dass das Gutachten des Gerichts Fragen offen lässt und durch die "Unsinnigkeit" einer Aussage eine ärgerliche Passage enthält: Prof. Dr. Fix schreibt (sinngemäß), dass bei dem vorhandenen Schadenereignis eine Verletzung nicht hätte geschehen können, wären keine Personen in der Halle gewesen.

Zu der Frage, ob die Halle für die Nutzung freigegeben werden durfte, heißt es in der Presse-erklärung der Staatsanwaltschaft: die Freigabe zur Nutzung sei nicht zu beanstanden. Alle erforderlichen Maßnahmen zur Sicherung seien erfolgt. Eine Verantwortung der Stadt lege nicht vor.

In einer in der Sache sehr hart geführten Diskussion, die nur durch einen verbalen Ausrutscher in ihrer Ernsthaftigkeit unterbrochen wurde, beklagten die Eltern fehlende Anteilnahme des Oberbürgermeisters und eine z.T. verwirrende, in ihren Augen nicht immer stimmige Informationspolitik. Demgegenüber hielt Herr Pützhofen einigen Eltern verletzende Leserbriefe vor. Andererseits seien er und seine Mitarbeiter bereit, eine bestimmte Verantwortung zu übernehmen, in dem die Eltern möglichst schnell und umfassend informiert werden sollen. Dies sei insbesondere durch eine intensive Befragung des Gutachters Prof. Dr. Fix nötig. Prof. Fix habe sein Gutachten erst nach der Androhung einer Klage vorgelegt. Dieses sei in wichtigen Punkten unklar bzw. habe keine Aussagekraft. Die Behauptung, die Stadt weiche einer Klärung aus, sei also nicht haltbar.

In den Sachfragen muss nach Meinung der Eltern noch geklärt werden, welche Tragfähigkeit die Decke hatte, wie schwer ein Stein sein musste, um die Decke zum Einsturz zu bringen, ob die Träger korrodiert waren und aus welcher Höhe der auslösende Stein fiel. Zur Segmentierung der Decke nach einer bestimmten DIN-Norm klärt Herr RA Walber auf, dass diese nicht aus einzelnen, getrennt angebrachten Teilen bestehen müsse, sondern auch ein aus verbundenen Teilen bestehendes Gerüst als segmentiert (im Sinne der DIN-Norm) gelte, wenn Sollbruchstellen eingebaut sind. Dies aber zu erkennen und zu beurteilen, sei selbst Fachleuten nur schwer möglich.

Herr Pützhofen erklärt, die Stadt Krefeld werde sich bemühen, das Beweissicherungs-verfahren auch in mündlichen Anhörungen schnell zu beenden, um Schadensersatz-forderungen der Eltern möglich zu machen. Dazu schließt Herr RA Walber an, dass gegen die Gerüstbaufirma, die durch das Abschlagen eines Steins Auslöser des Unglücks war, auf der Basis beider Gutachten bereits jetzt zivilrechtlich vorgegangen werden kann.

Abschließend schlägt Herr Pützhofen vor, dass nach Abschluss der mündlichen Befragung des Gutachters Prof. Fix die Elternschaft umgehend darüber informiert wird.

Als Schlussgedanke bleibt festzuhalten, dass das Problem des Vertrauensverlusts sich nach den Gutachten eher verstärkt hat: drei Firmen begehen Pfusch am Bau und die eingesetzte Bauaufsicht ist nicht in der Lage dies zu erkennen! Sind die Ursachen hierfür in menschlichen Schwächen oder in der nicht mehr nachvollziehbaren Komplexität der Materie zu suchen? Nur eine schnelle Klärung des Sachverhaltes, begleitet von Maßnahmen, die höhere Sicherheit gewährleisten, kann das verlorene Vertrauen in die Sicherheit öffentlicher Gebäude zurückgewinnen.

Rolf Neumann StD