Holzvertäfelung, kreisrunde Sitze mit Mikrofonen, an den Wänden Bilder von mehreren Politikergenerationen: Der Fraktionssaal der CDU im Landtag NRW. Heute findet hier jedoch keine Parteisitzung statt und an Stelle von Abgeordneten sind Schülerinnen und Schüler vom gesamten unteren Niederrhein zusammengekommen. Aufregung liegt in der Luft, vielleicht ein wenig Feindseligkeit. Denn was nun ansteht, ist keine gewöhnliche Schulführung für den Politikunterricht, sondern die beiden finalen Runden des Debattierwettbewerbs #mitreden von der Rheinischen Post.
Hierfür hatte der Rhetorikkurs des Moltkes die Jury bereits mit einer Debatte in der Aula überzeugen können und es unter die vier weiterkommenden Schulen geschafft. Am 04.04.2022 ist es nach einer kurzen Vorbereitungszeit dann endlich so weit und eine Gruppe Oberstufenschülerinnen und -schüler macht sich im Bus auf nach Düsseldorf. Mit dabei: Frau Lemke und Herr Birkenbach sowie die nächste Generation des Kurses. Die Vorfreude auf der Fahrt steigt und die Kandidatinnen werden fleißig eingestimmt. Für das Moltke treten Isabelle Harms und Sarah Franßen an, die Aliena Krull vertritt, welche leider erkrankt ist. Die Gegnerinnen und Gegner sind aus den Gesamtschulen Goch und Mönchengladbach sowie dem Otto-Hahn Gymnasium aus Monheim. Und schon zu Beginn wird klar, dass sie nicht leicht zu schlagen sein werden…
Die Spannung im Raum steigt, Schülerinnen und Schüler unterhalten sich aufgeregt auf ihren Plätzen. Doch bevor es endlich losgehen kann, gibt es noch eine persönliche Begrüßungsrede von André Kuper, dem Landtagspräsidenten NRW. Obwohl persönlich nicht ganz der Wahrheit entspricht, denn stattdessen erscheint er auf den Bildschirmen in der Mitte des Raumes. Was vorher noch als Spielgerät für Oberstufenschülerinnen und -schüler diente, ist jetzt Zentrum der Aufmerksamkeit und es wird still im Saal. Mit einladenden Worten und voller Anerkennung trägt er seine Rede vor und wird dann von Christian Kullmann abgelöst, dem Vorsitzenden von Evonik. Dieser setzt die Messlatte direkt hoch, denn sein Vortrag ist geballte Rhetorik und das Mikrofon lehnt er dankend ab, während er mit eindringlichen Worten im Raum umhergeht. Er spricht über die deutsche Debattenkultur, Shitstorm, Rhetorik und gibt sogar eine persönliche Geschichte über sein eigenes Stottern als Schüler preis. Eine Rede gefüllt mit eindringlichen Zitaten: „Wir leben in dem demokratischsten, liberalsten, tolerantesten Deutschland, seit es Deutschland gibt.” und „Moralische Erhabenheit ist teuer.”, um hier nur einige zu nennen. „Macht was draus”, schließt der kleine, grauhaarige Mann ab; es sei „das Einzige, was er den Debattierenden noch mit auf den Weg zu geben habe“.
Dann ist es endlich soweit: Moritz Döbler (RP) und Julius Schmidt losen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer für das Halbfinale aus. Nach einer kurzen spannenden Pause stehen die ersten beiden Gruppen fest. Es folgt unterdrückte Aufregung unter den Moltkeschülerinnen und -schülern, denn unser Gymnasium am Moltkeplatz wird in der ersten Debatte des Tages gegen die Gesamtschule Hardt aus Mönchengladbach antreten. Peinliche Lacher gibt es dann doch noch, als die Videobotschaften, in denen die einzelnen Schulen sich vorstellen, gezeigt werden.
Nun beginnt schließlich das richtige Halbfinale des Wettbewerbs, bei dem jeweils zwei Schulen im Konkurrenzkampf gegeneinander für ihre Seite debattieren. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben sich bereits vor dem finalen Wettbewerb in ihren Kursen auf die Pro-und Contra-Seite vorbereitet. Dabei geht es um den Konflikt ,,Konsumverzicht für das Klima‘‘. Beide Schulen stellen ihre Standpunkte knapp vor, bevor es zur zwanzigminütigen Debatte kommt. Während die beiden Moltkeschülerinnen sich noch ein wenig vorsichtig an das Thema herantasten, strahlt das Mönchengladbacher Team, beide in Anzug und mit Tablets in der Hand, große Selbstsicherheit und Fachkompetenz aus. Dabei bezieht sich die Pro-Seite hauptsächlich auf den Verzicht und Verbrauch von Ressourcen, sowie auch auf den Konsum von Fleisch und Kleidung. Die Contra-Seite konzentriert sich intensiv auf die Punkte neue Technologien und technische Innovationen. Jeder Diskussion folgt ein Schlussstatement als Fazit der Debatte. Insgesamt vollbringt das Moltke eine starke Leistung, kann jedoch mit der Gesamtschule Hardt nicht ganz mithalten.
Nach einer kurzen Rückmeldung der Jury beginnt der zweite Teil des Halbfinales. Dort tritt die Gesamtschule Mittelkreis Goch als Vertreterin der Pro-Seite gegen das Otto-Hahn-Gymnasium der Contra-Seite an. Wie im ersten Durchlauf startet die Debatte mit der Vorstellung des Standpunktes beider Teams. Nach dem Start der Stoppuhr beginnt die Gesamtschule Mittelkreis Goch mit einer kurzen Konversation über das T-Shirt eines Teammitgliedes, wobei sie geschickt auf das Thema Fastfashion und Transport anspielen. Die Diskussion ist nicht minder spannend als die erste, am Ende zeigt sich jedoch deutlich, dass die Argumente ausgehen. Am Schluss der Debatte kommt erneut ein Schlussstatement jeder Schule und es folgt eine erneute Rückmeldung der Jury, welche sich anschließend zu einer Beratung zurückzieht. Nach einer kleinen Pause werden nun die finalen Teams bekanntgegeben. Das Finale besteht aus der Gesamtschule Mönchengladbach-Hardt aus der ersten Runde und dem Otto-Hahn-Gymnasium aus der zweiten Runde. Enttäuschung im linken Flügel, wo ein Großteil unserer Schule sich niedergelassen hat, und auch im rechten Teil, wo die Moltke-Redaktion sitzt.
Vor dem Debattenfinale findet eine Rundführung für alle Schulen statt. So bekommt jeder einen Eindruck von der faszinierenden Architektur, den zentimeterhohen Treppenstufen und den abstrakten Kunstwerken des Düsseldorfer Landtages. Die riesigen Türen werden geöffnet und wir betreten den großen Plenarsaal, von dessen Rednerpult in der Mitte wohl so einige der Debattierenden träumen. Heute gibt es dort allerdings nur die Vorbereitungen für die Ehrung eines Französischwettbewerbs zu sehen. Nach der anschließenden Mittagspause mit einigen Raps wendet sich RP-Chefredakteur Moritz Döbler, der ebenfalls zur Jury gehört, an das Publikum. „Positionen, die vor 40 Jahren noch am Rande der Gesellschaft waren, bilden heute den Kern“, betont Herr Döbler und bezieht sich dabei auf die Grünen. Wichtig sei es, nicht einfach zuzuschauen, sondern mitzugestalten und für seine Inhalte zu werben. So könne man die Demokratie verteidigen, sagt Döbler und äußert daraufhin seine Sorgen im Hinblick auf Russland. In anderen Teilen der Welt sehe Döbler eine Gefährdung der Meinungsfreiheit und der Demokratie. „Wir fallen zurück in eine Zeit, die wir überwunden fühlten“, so Döbler. Deshalb seien Rhetorik und Verantwortung in einer Demokratie zum Gestalten unerlässlich. „Macht heißt Einfluss; Einfluss in der Welt.“
Nach der eindringlichen Ansprache von Herrn Döbler beginnt schließlich die finale Runde. Das brisante Thema der Debatte: „Sollte Nachhaltigkeit im Grundgesetz verankert sein?“
Für die Argumentenfindung hatten beide Seiten zuvor 20 Minuten Zeit, die fleißig genutzt wurden, während sich alle anderen am Buffet bedienten. Dabei vertritt die Gesamtschule aus Mönchengladbach die Pro-, die Debattierenden aus Monheim die Contra-Seite. Die Pro-Seite ist der Auffassung, dass die Interessen zukünftiger Generationen dadurch gewährleistet werden können. Man solle nicht nur predigen, sondern auch handeln. Die Contra-Seite wiederum sieht in der Einführung der Nachhaltigkeit ins Grundgesetz ein Problem, da dies ein Schritt sei, weitere weniger bedeutsame Themen ins Grundgesetz hinzuzufügen. Auch sei Deutschland durch die gesetzliche Einschränkung wirtschaftlich nicht mehr wettbewerbsfähig. Die Wirtschaft dürfe der Nachhaltigkeit nicht untergeordnet sein. Die Debattierenden der Pro-Seite entgegnen jedoch, dass das Grundgesetz im Sinne zukünftiger Generationen modernisiert werden müsse, sonst habe man „den Ernst der Lage nicht verstanden“. Auch könne Deutschland international ein Vorbild sein, wenn wir „Wachstum auf dem Pfad der Nachhaltigkeit“ erreichen würden. Die Pro-Seite wirft der Politik vor, sie sei „ein Tiger ohne Zähne“. In der Strategie fehle „der Biss“. Nachhaltigkeit solle als oberstes Ziel immer im Hinterkopf behalten werden. „Denn das spiegelt die Situation, in der wir leben, wider“, sagt Sinan Schuler von der Pro-Seite und betont den „Wandel der Zeit“. Mit dieser Metaphern-Orgie setzt die Pro-Seite ihr Schlussstatement. An Biss hat es hierbei jedenfalls nicht gefehlt…
Nach einer kurzen Pause werden die Platzierungen bekanntgegeben und ein weiterer Mann betritt den Raum. Es ist André Kuper, Präsident des Landtages NRW, der bereits im Video am Anfang der Veranstaltung zu sehen war und nun für die Preisverleihung persönlich kommt. Das Gymnasium am Moltkeplatz und die Gesamtschule Mittelkreis Goch belegen zusammen den dritten Platz, weil die Jury sich nicht für einen vierten entscheiden konnte. Damit erhält die Schule ein Preisgeld von 1000€. Als Gewinner des Finales geht die Gesamtschule Mönchengladbach-Hardt hervor, da die Jury die Argumentation von Marie Neumann und Sinan Schuler überzeugender und variantenreicher fand.
Mit dem Preisgeld will unser Rhetorikkurs laut Frau Lemke Materialien für den Unterricht und Ausflüge finanzieren. Das Siegerteam aus Mönchengladbach plant dagegen, das Geld für den Abiball zu verwenden. Ein kleiner Teil solle aber gespendet werden. Beim Wettbewerb „Jugend debattiert“ ist das Moltke laut Aussage von Herrn Birkenbach in der Regionalrunde ausgeschieden. Jetzt arbeiten unsere Lieblingsdebattierenden an ihren Projektarbeiten, bevor sie sich wieder weiteren Wettbewerben widmen wollen.
Matthias Trinh (9a), Lucia Rücker und Melike Aksu (8a) (Moltke-Redaktion)